Die Herabwürdigung eines Mitarbeiters wegen seiner ostdeutschen Herkunft stellt keine Benachteiligung im Sinne des § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen der ethnischen Herkunft oder Weltanschauung dar (ArbG Berlin, Pressemitteilung vom 2. Oktober 2019 zum Urteil 44 Ca 8580/18 vom 15.08.2019).
Der Kläger wurde von einem Zeitungsverlag als stellvertretender Ressortleiter beschäftigt. Er hat den Arbeitgeber auf Entschädigung, Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen, weil er von zwei vorgesetzten Mitarbeitern wegen seiner ostdeutschen Herkunft stigmatisiert und gedemütigt worden sei.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Dem Kläger stehe eine Entschädigung nach dem AGG nicht zu, weil eine Benachteiligung wegen seiner ethnischen Herkunft oder Weltanschauung nicht erfolgt sei. Menschen ostdeutscher Herkunft seien nicht Mitglieder einer ethnischen Gruppe oder Träger einer einheitlichen Weltanschauung.
Einen Schadensersatzanspruch wegen einer Persönlichkeits- oder Gesundheitsverletzung lehnte das Arbeitsgericht ab, weil der Kläger den Arbeitgeber nicht rechtzeitig auf das Verhalten seiner Vorgesetzten und die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens - es waren ca. 800.000 Euro im Streit - aufmerksam machte. Das Mitverschulden des Klägers an dem - einmal angenommenen - Schaden wiege derart schwer, dass eine Ersatzpflicht des Arbeitgebers entfalle.
Gegen das Urteil kann Berufung an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Ausblick
In dem Rechtsstreit wird das letzte Wort wahrscheinlich noch nicht gesprochen sein. Die Auffassung des ArbG Berlin ist keineswegs unstreitig. Während einige landsmannschaftliche Verbundenheiten innerhalb der Bundesrepublik Deutschland (z.B. Bayern, Schwaben, Badener und auch Ostdeutsche und Westdeutsche) als Ethnie i.S.d. § 1 AGG ansehen (z. B. Däubler, in: HK-AGG, § 1 Rn. 43), lehnen andere ethnische „Unterteilungen“ der Deutschen von vornherein ab (z. B. Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz, 2007, Rn. 181).
Tipp
"Mobbing" gilt es überall entgegen zu treten. Prävention ist besser als Nachsorge. Bereits entstandener Schaden lässt sich kaum wiedergutmachen, vor allem wenn das Selbstwertgefühl angegriffen ist.
Als vorbeugende Maßnahmen gegen Mobbing bietet sich Folgendes an:
- Mitarbeiter früh für das Thema sensibilisieren – gerade in Krisenzeiten
- Bei Konflikten zwischen Mitarbeitern schnell eingreifen
- Defizite in der Arbeitsorganisation abbauen
- Aufgaben und Verantwortlichkeiten klar definieren
- Entscheidungsprozesse möglichst transparent halten
- Anonyme Befragungen im Unternehmen durchführen, um ein allgemeines Stimmungsbild zu erhalten
- Führungskräfte besser schulen, insbesondere hinsichtlich deren Kommunikations- und Konfliktfähigkeit sowie Kooperationsbereitschaft