Bei der actio pro socio handelt es sich um eine besondere prozessuale Situation. Der einzelne Gesellschafter macht dabei Sozialansprüche der Gesellschaft im eigenen Namen als Prozessstandschafter für die Gesellschaft gegenüber seinen Mitgesellschaftern geltend. Die actio pro socio dient dabei dem Schutz des von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafters bzw. des Minderheitsgesellschafters. Er soll davor geschützt werden, dass die Gesellschaft ihr Vermögen dadurch schädigt, dass sie – etwa auf Druck der Mehrheitsgesellschafter – aus dem Gesellschaftverhältnis resultierende Ansprüche (= Sozialansprüche) gegen einen Mitgesellschafter nicht geltend macht.
Das Recht gegen andere Gesellschafter im Wege der actio pro socio vorzugehen, ist ein unmittelbarer Ausfluss des Mitgliedschaftsrechts des Gesellschafters. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist dieses Recht jedoch beschränkt durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht.
In einem vom BGH kürzlich zu entscheidenden Fall hatte die Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft zeitgleich mit der Gesellschaft eine eigene Klage gegen einen Mitgesellschafter erhoben. Der Klageerhebung stand – so der BGH – der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegen, da dies der ihr als Kommanditistin obliegenden Treuepflicht aus dem Gesellschaftsverhältnis zur Beklagten widersprach. Zur Begründung führte das Gericht an, dass die eigene zeitgleiche Klageerhebung für die Durchsetzung der Forderung nicht erforderlich gewesen sei. Sowohl die Kommanditistin als auch die Gesellschaft ließen sich von derselben Geschäftsführerin und denselben Prozessbevollmächtigten vertreten. Mangels erkennbarer Vorteile stellte die zeitgleiche klageweise Geltendmachung der Sozialansprüche gegen die Beklagte lediglich eine Verteuerung der Rechtsdurchsetzung dar und verstieß damit klar gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht,
BGH, Versäumnisurteil vom 22. Januar 2019, Az.: II ZR 143/17.
Fazit: Im Einzelfall kann die Inanspruchnahme eines Mitgesellschafters im Wege der actio pro socio gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen und damit gemäß § 242 BGB unzulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die eigene Geltendmachung der Rechte der Gesellschaft gegenüber dem Mitgesellschafter schon deshalb nicht erforderlich ist, weil die Gesellschaft selbst Klage erhoben hat. Die eigene Klageerhebung kann jedoch zulässig sein, wenn besondere schützenswerte Interessen des klagenden Gesellschafters erkennbar sind. Dies sollte vor Erhebung der Klage sorgfältig geprüft werden, um unnötige Kosten zu vermeiden.