Selbst im Jahr 2019 muss es immer wieder gesagt und ausgeurteilt werden, wie jetzt vom LAG Köln in seiner Entscheidung vom 15. Mai 2019 – 4 Sa 755/17: Eine arbeitsvertragliche Regelung, wonach mit dem Monatspauschallohn die gesamte (tariflich) zulässige Arbeitszeit einschließlich etwaiger Zuschläge des Arbeitnehmers in dem Monat abgegolten sein soll, ist unwirksam. Ihr mangelt es an der hinreichender Transparenz, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (BAG vom 20. April 2011 – 5 AZR 200/10).
Wenngleich es auch nicht ganz neu ist, führt es gleichwohl bei den Arbeitgebern immer wieder zu einem Aha-Effekt: Zu der vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen neben den Fahrerzeiten und sonstigen Arbeitszeiten auch die von einem Arbeitnehmer als Beifahrer im Bus verbrachten Zeiten (Bereitschaftszeiten).
Arbeit als Leistung der versprochenen Dienste im Sinne des § 611 Abs. 1 BGB ist nicht nur jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient. Arbeit in diesem Sinne ist vielmehr auch die vom Arbeitgeber veranlasste Untätigkeit, während derer der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz anwesend sein muss und nicht frei über die Nutzung des Zeitraums bestimmen kann, er also weder eine Pause im Sinne des Arbeitszeitgesetzes noch Freizeit hat (BAG vom 21. Dezember 2016 – 5 AZR 362/16).
Nach § 21a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ArbZG ist zwar für Arbeitnehmer, die sich beim Fahren abwechseln, die während der Fahrt neben dem Fahrer oder in einer Schlafkabine verbrachte Zeit abweichend von § 2 Abs. 1 ArbZG keine Arbeitszeit. Die Vorschrift enthält jedoch keine Modifizierung dessen, was unter Arbeit zu verstehen ist, und schließt eine Vergütung für die Arbeit als Beifahrer nicht aus. § 21a ArbZG hat nur arbeitsschutzrechtliche Bedeutung und ist für die Vergütungspflicht des Arbeitgebers ohne Belang.
Reisezeiten als Beifahrer können daher vergütungspflichtig sein, obwohl es sich hierbei nicht um Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinn handelt.
Tipp
Um Klarheit zu bekommen, wann Überstunden in welchem Umfang anfallen, muss man wissen, was "Arbeitszeit" ist und als solche berechnet wird. Es ist zwischen dem Arbeitsschutzrecht und dem vergütungspflichtigen Arbeitszeitrecht zu differenzieren. So kann, wie vom LAG Köln entschieden, das Schlafen in der Schlafkabine eines Busfahrers "vergütungspflichtige Bereitschaftszeit" sein, selbst wenn es im Sinne des Arbeitsschutzes eben keine Arbeitszeit ist. Der Busfahrer kann gerade nicht selbst bestimmen, wie er seine "Freizeit" nutzt, da er sie im Fahrzeug verbringen muss.
Wissen schafft eben doch Vorsprung und nicht jede altgediente Regelung im Arbeitsvertrag wird dadurch wirksam, dass man sie schon immer nutzte!