Die erforderliche Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Abs. 1 KSchG kann auch dann wirksam erstattet werden, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt ihres Eingangs bei der Agentur für Arbeit bereits zur Kündigung entschlossen ist. Kündigungen im Massenentlassungsverfahren sind daher – vorbehaltlich der Erfüllung sonstiger Kündigungsvoraussetzungen – wirksam, wenn die Anzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit eingeht, bevor dem Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben zugegangen ist (BAG vom 13. Juni 2019 – 6 AZR 459/18).
Tipp
Gerade bei Sanierungsmaßnahmen innerhalb der Insolvenz gilt immer noch der Grundsatz: Zeit ist Geld. Deswegen muss alles immer ganz schnell gehen und doch dürfen keine Fehler passieren. Hier kollidiert der 1. Grundsatz oftmals mit dem 2. Grundsatz: In der Ruhe liegt die Kraft!
Mit seiner jüngsten Entscheidung harmonisiert das BAG den 1. mit dem 2. Grundsatz, indem es weitere Klarheit für die zeitliche Abfolge von Kündigungen im Rahmen von Massenentlassungen schafft. Nunmehr steht fest, dass es dem Arbeitgeber erlaubt ist, die Kündigungen bereits auszufertigen und zu unterschreiben, obwohl die Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit noch nicht erfolgte. Insoweit muss er lediglich darauf achten, dass bei nach § 17 Abs. 1 KSchG anzeigepflichtigen Entlassungen die betroffenen Arbeitsverhältnisse erst wirksam gekündigt werden können, wenn die Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist (vgl. EuGH vom 27. Januar 2005 – C-188/03 „Junk"). Es ist allerdings nur entscheidend, wann die Kündigungserklärung dem Arbeitnehmer gemäß § 130 Abs. 1 BGB zugegangen ist. Der Arbeitgeber muss also darauf achten, dass die Kündigungen so übergeben oder versendet werden, dass die Arbeitnehmer sie nicht vor Eingang der Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit erhalten. Wann die Kündigungserklärung hingegen unterschrieben wurde, ist rechtlich unbeachtlich.